Kupferbergbau in Marsberg

Die erste Bearbeitung der Lagerstätte scheint nach allen bisherigen Erkenntnissen der Südhang des Eresberges gewesen zu sein. Mina-Sattelkluft. Alte Pingen (Bergbauten) am Hang des Eresberges zeugen heute von einer uralten Abbautätigkeit. Verhüttung in der Villa Twesine.

 

900: Vieles deutet darauf hin, dass man um die erste Jahrtausendwende eine rege Bergbautätigkeit vermuten darf. Die Verleihung das Markt-, Münz- und Zollrechtes im Jahr 900 an die Abtei Corvey für die Villa Horhusen ist ein starkes Indiz für Berg- und Hüttentätigkeit in Marsberg. Vor Beginn der Abbauarbeiten haben sich die Bergleute der damaligen Zeit nach einem festgelegten Ritus vom Abt des Klosters Corvey den Abbaubereich zuteilen lassen.

 

1150: König Konrad III. verleiht dem Abt Wigbold von Corvey das Recht der Erzsuche.

 

1192: Kaiser Heinrich VI. bestätigt das Bergrecht und dehnt es auf den gesamten Besitz des Klosters Corvey aus.

 

1650: Ulrich von Brilon, ein zur damaligen Zeit reger Montanunternehmer, erbittet um die Abbaurechte auf die Kupfererze des unteren Zechstein unterhalb der Stadt am Büchenberg. Heute ist an dieser Stelle noch eine alte Halde sichtbar und vor einigen Jahren waren alte Mundlöcher als Zeugen dieser Tätigkeit ebenfalls vorhanden. Der Bergbau wurde im allgemeinen als auf der „Kunst“ bezeichnet. Während der Abbauphase leiteten die Bergleute das Wasser der Westbeke und das Seigenwasser des Stollens über ein Wasserrad. Daher rührt der Name Wasserkunst. Dieses Rad trieb eine Pumpe, mit der der Stollen entsümpft wurde. Der Bergbau an dieser Lagerstätte war offensichtlich rentabel, was man mit einen „frei bauenden Bergwerk“ bezeichnete.

 

23. Oktober 1690: Kurfürst und Herzog Josef Clemens, Erzbischof von Köln, belehnt den Herren Joannes Pilsticker aus Marsberg mit einem „freyen Bergwerk in der Alten Statt Marsperger Feldmark.“ Die Verleihung bezieht sich auf den heutigen Bereich des Betriebspunktes Oskar in der Gemarkung Jittenberg. Der sich am Hang befindende Tagebau der Grube ist heute verfüllt. Am Fuß des Hanges zeugt ein mit Schlägel und Eisen bearbeiteter Stollen von dieser Bergbauperiode.

 

20. Oktober 1729: Der kurfürstliche Vasall und Wagemeister Adam Heinrich Todt berichtet über den Zustand des Marsberger Berg- und Hüttenwesens in nachfolgender Aufstellung:

1.      Ist der erste Kupferbergbau geschehen unter der Stadtmauer an dem sogenannten Kohlhagen / welches von Menschen Gedenken Zeit nicht mehr betrieben / bis vor etlichen Jahren einige Gewerke / das alte Bergwerk wieder eröffneten / so aber noch zur Zeit ein Zubuß (unrentabel) Werk ist.

2.      Gegen diesem Bergwerk über liegt ein Berg / der Jittenberg genannt / aus welchem vor diesem vile Kupfer-Ertß genommen / aber anitzo (jetzt) nicht mehr bearbeitet wird / doch wieder bemuthet und bestädiget ist.

3.      Gegen dem Jittenberg über ist ein Berg / der Bilstein genannt / woraus noch bis dato (heute) Kupfer-Ertß gefördert wird.

4.      Von diesem Werk gehet der Ertßgang in die Tiefe fort / bis an den sogenannten Ohmberg gebauet / und Kupferschiefer fordert.

5.      Gegen dem Ohmberge liegt der Bockenberg (Büchenberg) / aus welchem ebenfalls Kupfer-Schieferen gelanget werde.

6.      Von diesem Ort gehet der Kupfer-Ertß Zug nach Lüttkenhemcken Holß / und selbst Kupfer-Ertß im Letten gefordert wird; Hiernechst seßet der Gang unter dem Diemelfluß fort in das Paderbornische Land al Klusberg / von dort nach der Malzgrube.

7.      Ohnweit Stadtberg im Leymarschen Feldmarck aufm Hurckshohl / wird Kupfer-Ertß und Eisenstein gegraben.

8.      Nicht weit davon / im Girshagischem Feldmarckte auf dem kalten Beutel findet man Kupfer-Ertß im Letten / welcher auch im Dorf Girshagen anzutreffen ist.

9.      Daselbst auf dem Webble wird Eisen=Stein gefordert.

10.  Auf dem sogenannten Lüllingshohl hinter Girshagen / ist von diesem kostbar Eisen=Stein gelagert / die Gruben seyend ins Wasser gerathen / und muß von diesem durch einen Stollen geholffen werden; welchem Stollen der Fürst von Hildesheim / Jobst Edmund von Brabeck vor diesem angefangen / und weit fort treiben lassen / er liegt anitzo im Stillstand.

11.  Ohnweit darvon bey Beringhausen haben Ihro Chur=Fürst=Durchl. Von Cölln eine Gold=Graben.

12.  Daselbst das Gold Hauß / an dem Fluß Hoppicke gelegen / welches anitzo zum Kupferschmelßen gebraucht wird.

13.  An dießem Fluß hinunter seynd gelegen zwey Eisen=Hütten / deren eine / nebst dem Eisen Hammer / der Abtey Bredelar zugehörig.

14.  Hiernächst fällt die Hoppecke in den Diemel=Fluß / an welchem 4 Eisen Hammer vor Marsberg getrieben werden.

15.  Am Büchen-Berge finden sich zwy Kupfer-Hütten / welche nicht von dem Diemel-Fluß getrieben werden.

16.  Auf dem Glinden-Fluß vor Marsperg seyend gelegen zwy Kupfer=Hütten / und zwey Eisen=Hütten.“

 

Dies ist der erste umfassende Berg- und Hüttenbericht über die Montanindustrie in Marsberg und Umgebung. Es lässt sich aus diesen Berichten ebenfalls herauslesen, dass die Gruben nur mit großen Schwierigkeiten betrieben werden konnten. Die Zeit der Oberflächenbauten neigte sich dem Ende zu. Die Bergleute waren nun gezwungen über Stollen und Schächte tiefer in die Lagerstätte einzufahren. Nur mit großer Erfahrung und guter finanzieller Ausstattung war es möglich, diese Abbaumethode zu betreiben. Ein einzelner Bergmann war hierzu selten in der Lage. Aus dem Bericht geht hervor, dass außer auf der „Kunst“ alle Betriebspunkte keinen Gewinn abwarfen und in der Sprache des Montangewerbes als „Zubußbergwerke“ bezeichnet wurden.

 

1816 wurde der gesamte Gruben- und Hüttenbetrieb eingestellt. Hauptursache scheint der zur Verhüttung notwendige Mangel an Brennstoff gewesen zu sein. Zum größten Teil wurden die Schmelzprozesse der damaligen Zeit mit Holzkohle betrieben, die aus immer größerer Entfernung herbeigeholt werden musste, da die Abholzung der heimischen Wälder bereits sehr weit fortgeschritten war.

 

1818 nahm die preußische Regierung den Hütten- und Grubenbetrieb wieder auf. Zum ersten Mal wird ein Betriebspunkt markscheiderisch erfasst. Der vorliegende Grubenriss zeigt erstmalig einen Einblick in die damalige Arbeitsweise. Dieser erste Plan umfasst die Gruben und Schächte des Grubenbezirks der „Kupferschiefergrube Friederike“ am Bilstein. Ersichtlich ist eine rege Abbautätigkeit sowohl im Tagebau- als auch im Untertagebetrieb. Der Tiefbau war schon sehr weit vorgetrieben worden und ein weit verzweigtes Stollensystem wird auf dem Grubenplan sichtbar.

 

1. November 1830: Der Abbau sollte wieder eingestellt werden. Der Berggeschworene Loewe und der Schichtmeister (Obersteiger) Wendemuth teilten dem königlich-preußischem Bergamt diesen Beschluß mit. Jedoch, so schreiben sie, müsse ihrer Meinung nach „bei ausgedehnten Vorrichtungs-Arbeiten die Grube ohne Zubuße, ja selbst mit einigem Überschuß betrieben werden können“. Hier zeigt sich, dass ohne große Kapitalaufwendungen und neue Techniken der Bergbau in der bisherigen Abbauweise nicht mehr wirtschaftlich war. Im Schreiben wird aber auch darauf hingewiesen, dass „in der dortigen bekanntlich sehr dürftigen Gegend 60 Familien und etwa 350 ohne dies durch den früheren geringen Verdienst äußerst dürftige Menschen aller Mittel zur Fristung des Lebens beraubt seyn“. Im damaligen Betrieb waren der Schichtmeister Wendemuth, 1 Steiger, 45 Hauer, 8 Haspelzieher und Karrenläufer sowie 5 Hüttenleute beschäftigt. Mit der Unterstützung des Bergamtes wurden die Abbauarbeiten dann noch eine Zeit lang aufrechterhalten, bis sich eine andere Gewerkschaft fand, die in der Lage war, den Betrieb erfolgreicher zu führen.

 

1832: Die Firma Hundsdicker aus Altena übernimmt die Grube als Gewerkschaft. Erhebliche Kapitalmengen flossen nun in die damalige Anlage. Trotz dieser Anstrengungen war das Unternehmen nicht von Erfolg gekrönt. Obwohl bis 1839 die oben genannte Firma Eigentümerin war, bildete sich bereits 1834 die „Stadtberger Gewerkschaft“.

 

1. Januar 1835: Die Stadtberger Gewerkschaft mit Sitz in Altena wurde in das Gesellschaftsregister des Amtsgerichts in Marsberg eingetragen. Hauptgewerke waren Christian Rhodius aus Linz am Rhein, Friedrich Leopold und Arnold Hundsdicker und die Eheleute Friedrich und Mina Thomée aus Altena und Werdohl. Zudem waren noch Familienmitglieder der oben genannten beteiligt. Christian Rhodius aus Linz am Rhein war ein erfahrener Montanunternehmer und gleichzeitig Gründer der Stadtberger Gewerkschaft. Er betrieb auch außerhalb Marsbergs Gruben und Hütten. Die Firma Hundsdicker brachte wahrscheinlich den Grundbesitz ein. Kommerzienrat Thomée betrieb in Altena Drahtziehereien und war an weiteren Gruben und Werken beteiligt.

 

1836 wurden insgesamt 97 Bergleute und 32 Hüttenarbeiter beschäftigt.

 

1837 waren es 65 Bergleute und 55 Hüttenarbeiter, die Produktionsmenge betrug 21.799 Zentner Kupfererz.

 

1838 arbeiteten 69 Bergleute und 64 Hüttenarbeiter bei der Gewerkschaft, Produktionsmenge 30.401 Zentner Kupfererz. Der Beuststollen (Bauzeit 15 Jahre, Länge ca. 1000m) wird als Lösungsstollen der Grube Friedrike von der Diemel aus angefahren. Durch das Osterlindental in Richtung Hesperinghausen wurde der tiefe Bilsteiner-Stollen herangeholt. Durch diese großen Streckenvortriebe waren vorerst optimale Möglichkeiten gegeben, den Bergbau kostengünstig zu betreiben. Von diesen Lösungsstollen aus wurden Rollen und Überhaue in die im Hangenden liegende Oxidationszonen aufgefahren.

 

1839 fanden 85 Bergleute und 70 Hüttenarbeiter im Kupferbergbau Arbeit. Produktionsmenge 44.139 Zentner Kupfererz.

 

1842: Der Kilianstollen schließt die Grube Oscar auf.

 

1845: Die Grube Mina wurde mit dem Friedrichstollen unterfahren.

 

9. Februar 1856: Es gründete sich eine weitere Gewerkschaft. Ihre Initiatoren waren die Gewerke Hüstege, Alsing, Stampfer und Linzen. Der Zweck dieser Gewerkschaft bestand ebenfalls im Aufsuchen und in der Verarbeitung der Kupfererze in Stadtberge und Umgebung. Die Betriebspunkte „Eugenie“, „Johann“, „Wilhelm“ und „Gute Hoffnung“ wurden von ihnen bearbeitet. Dieser Vereinigung war keine lange Lebensdauer beschieden. Ihre Gruben gingen in den Besitz der „Stadtberger Gewerkschaft“ über, und im Jahr 1859 wurde der gesamte Bergbaubezirk konsolidiert.

 

16. Februar 1859: Der „Kupfer Distrikt“ wurde durch Verleihungsurkunde festgelegt. Die Begrenzung ist bis heute noch folgende:

1.      „von der Kirchthüre im Dorfe Beringhausen (a) ausgehend, eine gerade Linie bis zu dem Punkt (b), wo von der von Brilon nach Stadtberge führenden Chaussee bei Bredelar die Chaussee nach Giershagen abzweigt;

2.      Vom Punkte (b), die von Brilon nach Stadtberge führende Chaussee bis zu dem Punkt (c), wo der Hamecke-Bach mit derselben zusammentrifft, sodann der Hamecke-Bach bis zur Bürener Kreisgrenze (d).

3.      Vom Punkte (d), dieser Kreisgrenze in nordwestlicher Richtung bis zu der von Stadtberge nach Warburg führenden Chaussee Punkt €, und alsdann weiter die gedachte Grenze in südöstlicher Richtung bis zur Landesgrenze gegen das Fürstentum Waldeck Punkt (f).

4.      Vom Punkt (f), dieser Landesgrenze über die Punkte f1, f2, f3, f4 in südlicher und weiter über die Punkte f4, f5 in westlicher Richtung bis zum Renne oder ein Reine-Bach Punkt (g), und sodann dieser Bach bis zur Mündung in den Diemel Fluß, Punkt (h).

5.      Vom Punkt (h) in nordwestliche Richtung eine gerade Linie bis zum Anfangspunkt (a)“.

 

Ungefähr verläuft die Grenze des Distriktes entlang der heutigen Waldecker Grenze von Westheim bis Borntosten, von dort zum Übergang der Rhene in den Stadtbezirk und zu ihrer Einmündung in die Diemel. Von dort zurück nach Beringhausen zum Ausgangspunkt. Von dort in gerader Linie an der B7 entlang bis zur Hamekeeinmündung in die Diemel. Weiter am Rande des Jägerholzes zum Hohenloh bis zum Übergang der Marsberg-Westheimer-Grenze.

 

12. Oktober 1872: Bildung der Aktiengesellschaft „Stadtberger Hütte“ mit Sitz in Stadtberge und ihre Eintragung in das Gesellschaftsregister des Amtsgerichts Marsberg. Das Grundkapital betrug 2,5 Millionen Mark. Gegenstand des Unternehmens war die Ausbeutung aller vorhandenen Kupfergruben und der Betrieb der Kupferhütten sowie aller zum Bergbau und zur Verhüttung notwendigen Anlagen. Diese Gesellschaft war nun auch finanziell in der Lage, die Lagerstätte optimal auszubeuten. Es war genügend Kapital vorhanden um viele Stollensohlen tiefer in die Kluftsysteme vorzutreiben. Während früher die stark imprägnierte Zone die Aufmerksamkeit der Abbauenden hatten, wurden nun Suchorte in die Randvererzungen getrieben und die Abbaugrenzen erweitert. Um genügend Versatzmaterial zu erhalten, wurden Rollen und Schächte zum Zechstein aufgefahren. Aus dieser Zeit stammt die Bezeichnung „Bergemühle“, das ist mit der Hand abgebautes und zerschlagenes Steinmaterial zur Verfüllung der Abbauten.

 

Der erste Betriebsleiter der „Stadtberger Hütte“ war Christian Rhodius. Schichtmeister Wendemuth war ihr erster Repräsentant. Dr. Wilhelm Rentzing trat 1854 in die Gewerkschaft ein und löste den langjährigen Schichtmeister Wendemuth als Repräsentant ab. Dr. Rentzing blieb bis zur Umwandlung in eine A.G. als Betriebsdirektor tätig. Er war anschließend noch bis 1874 Geschäftsführer der 1872 gegründeten Aktiengesellschaft. Sein Nachfolger wurde 1874 August Kleffner, der bis 1906 Geschäftsführer war und insgesamt in den verschiedensten Aufgabenbereichen 50 Jahre lang für die Hütte arbeitete. Als Nachfolger wurde am 1.4.1906 Chemiker Dr. Bernhard Scheidt bestellt. Seine Tätigkeit bei der Gewerkschaft war nur von kurzer Dauer. Nach sieben Monaten folgte ihm ein Fachmann mit Bergbauerfahrung, Diplom-Bergingenieur Erich Meurer. Von ihm sind genaue Unterlagen über die damalige Berg- und Hütten-Tätigkeit vorhanden. Er blieb über den ersten Weltkrieg bis 1924 mit der Führung des Unternehmens betraut. Sein Nachfolger war ab diesem Zeitpunkt Dr. Günther Feld.

 

Ab 1918: Nach dem ersten Weltkrieg war die Führung des Berg- und Hüttenbetriebs zunehmend schwieriger geworden. Die Brennstoffbeschaffung bereitete große Schwierigkeiten, er war nicht mehr in ausreichender Menge vorhanden. Die vorhandenen Verhüttungsanlagen waren nicht mehr optimal an die veränderte Erzführung angepasst. Die in der Oxidationszone vorhandenen Erze neigten sich langsam ihrem Ende zu. Das bedingte, dass man nun den Tiefbau stärker anfahren musste, hierdurch nahm der Schwefelanteil der Erzförderung ständig zu. Während die Löhne und Materialkosten gestiegen waren, sank gleichzeitig der Preis für Rohkupfer stark ab. In der Inflationszeit hatte die Aktiengesellschaft ihre gesamten Kapitalreserven verloren, so dass aus eigener Kraft eine Modernisierung nicht möglich war. Allerdings hatte man schon 1921 eine moderne Flotationsanlage entwerfen lassen, aber ihre Verwirklichung nicht mit der notwendigen Zügigkeit vorangetrieben. Wieder einmal musste ein größerer Kapitalstock gebildet werden. Aus diesem Grunde wurde von einer Deutsch-Holländischen Bank ein Kredit aufgenommen, der bis 1927 das Überleben sichern sollte. Durch den stark ansteigenden Kupferpreis gelang es, zum Einen den Kredit zu bedienen und zum zweiten die Vorarbeiten für die Flotationsanlage in Angriff zu nehmen.

1930: am 17.April senkte das Kupferkartell die Weltmarktpreise. Am 1. Juli wurde der gesamte Grubenbetrieb eingestellt und im gleichen Jahr, am 1. November, die Liquidation beantragt. Alle Versuche, neue Interessenten für den Betrieb zu gewinnen, schlugen fehl.

 

1. April 1931: Man lässt die Gruben endgültig absaufen.

 

In den kommenden Jahren wurden die Maschinen und Gebäude verkauft oder abgebrochen. Ein kleiner Teil der ehemaligen Belegschaft war mit der Auslaugung der vorhandenen Halden beschäftigt. Das durch die Auslaugung gewonnene Zementkupfer wurde geschmolzen und verkauft. Für eine kurze Zeit war wenigstens für eine kleine Anzahl von Mitarbeitern Beschäftigung vorhanden. Trotz aller Widrigkeiten erlosch die Hoffnung auf einen Neubeginn nicht. Die stark gestiegene Anzahl von Arbeitslosen, bedingt durch Hüttenschließung und Wirtschaftskrise, war für Marsberg ein großes Problem und ein großer Druck lastete auf Gesellschaft und Staat.

 

12. Januar 1935: Versammlung vieler interessierter Bürger, um eine Arbeitsgemeinschaft mit dem Ziel einer erneuten Belebung der Hütten- und Bergbautätigkeit zu gründen. Es sollten möglichst viele Volksschichten an diesem Projekt beteiligt werden. Auch war man sich darüber einig, dass es ohne staatliche Zuschüsse nicht möglich sein würde, den Betrieb anzufahren. Das vorgerichtete Erzvorkommen war zur Zeit der Stilllegung mit etwa 600.000 t angegeben. Ein zuvor erstelltes Gutachten sah Kosten von ca. 300.000,- Reichsmark für die notwendigen Investitionen vor, bei 200 t Kupfer als Mindesttagesproduktion. Die ehemalige Betriebsleitung argumentierte mit den Kosten der öffentlichen Unterstützung für 200 Notstandsarbeiter, um den Staat zu einem Zuschuss zu veranlassen.

 

21. Januar 1935: Der Name der neuen Genossenschaft lautete „Arbeitsgemeinschaft Stadtberger Kupferhütte Niedermarsberg und Umgebung e.G.m.b.H. zu Niedermarsberg“. Der ehemalige Betriebsleiter Josef Bunse wurde zum Vorsitzenden berufen. Die Ausgabe der Aktien erfolgten in 100,- Reichsmark Anteilscheinen.

 

6. März 1935: Auf Grund der Autarkiebestrebungen des Deutschen Reiches zeigte sich von staatlicher Seite ein großes Interesse am Stadtberger Kupferbergbau. Die V.D.M. Frankfurt schlossen einen Operationsvertrag für 6 Monate mit der Genossenschaft ab. In Form einer Studiengesellschaft trat nun eine Tochter der V.D.M. als Unternehmer auf. Sie war beauftragt, durch intensive Untersuchungsarbeiten die Möglichkeit einer Inbetriebnahme auszuloten. Das vorgegebene Stammkapital betrug 25.000 RM. Wenn sich ein positives Ergebnis herausstellte, sollte der gesamte Komplex der Arbeitsgemeinschaft für 12.000 Reichsmark in den Besitz der V.D.M. übergehen. Nach vorhandenen Unterlagen waren in der Grube Friederike etwa 60.000 t und in der Grube Mina 435.000 t Erz zu erwarten, wobei mit größeren Aufschlüssen im Verlauf der Untersuchungsarbeiten gerechnet wurde. Nach Abschätzung aller Möglichkeiten waren alle Beteiligten bereit, den Betrieb gründlich zu sanieren und die Gruben erneut anzufahren.

 

1. Mai 1935: Nach fast 5-jähriger Stilllegung, begann die Belebung des Bergbaus von neuem. Und zwar in den Stollen der Betriebspunkte Mina, Oscar und Friederike. Zunächst fuhren 20 Bergleute unter Führung des Obersteiger Müsener die verlassenen Gruben an, um gründliche Vorarbeiten für den Neubeginn zu leisten.

 

24. März 1936: Die Studiengesellschaft hat das restliche Gelände samt Anlagen gekauft. Durch die gut gelaufenen Vorarbeiten konnte die Belegschaft nach und nach erhöht werden. Um eine möglichst gute Abbauleistung zu erreichen, setzte die Grubenleitung in zunehmendem Maße den Firststoßbau ein. Diese Art des Abbaus war sehr wirtschaftlich, allerdings blieben in der Lagerstätte große Weitungsbauten zurück. Da in möglichst kurzer Zeit eine effektive Ausbeute gefahren werden musste, sind viele dieser Abbauten nicht versetzt worden. Im Grubengebäude sind diese Raubbauten noch heute sichtbar.

 

Im Laufe des Zweiten Weltkrieges sank die Belegschaft wieder ab. Durch den Mangel an Bergleuten bedingt, wurden im zunehmenden Maße Kriegsgefangene aus Russland und Italien als Berg- und Hüttenleute eingesetzt, so dass zum Schluss auf 300 Mann Stammbelegschaft fast 150 Hilfskräfte entfielen. Die Unterbringung „der ausländischen Arbeiter“, die damalige Bezeichnung für diese fremden Belegschaftsmitglieder, erfolgte in barackenähnlichen Gebäuden gegenüber der mittleren Hütte. Die Unterkünfte lagen nach Nord- und Südlager getrennt beiderseitig einer kleinen Stichstraße. Mit den Kriegsereignissen und dem Vormarsch der Amerikaner rückte das Ende der Arbeiten auf der Kupferhütte näher. Durch Bombenangriffe am 14., 21. und 28. März 1945 waren große Schäden an den Verladeanlagen der Hütte auf dem Gelände der Reichsbahn entstanden. Auch waren durch Bombentreffer auf die elektrischen Versorgungsleitungen am Gelände des Beuststollen die Pumpen ausgefallen und daher die Gruben abgesoffen. Mit dem Einmarsch der Amerikaner am Gründonnerstag 1945 kam dann das endgültige Aus für den Stadtberger Bergbau. Die in Lagern an der Hütte untergebrachten Kriegsgefangenen zerstörten Teile der Hüttenanlagen und vernichteten viele Geschäftsunterlagen, so dass fast alle Hüttenakten aus dieser Zeit nicht mehr auffindbar sind.

 

Der Bergbau erlosch und nach und nach wurden die oberhalb der Wasserlinie liegenden Grubenbauten ausgeraubt. Durch Lösen und Einbrüche waren die meisten Stollen nicht mehr befahrbar. Der Bergbau in Niedermarsberg versank in eine fast 40-jährige Vergessenheit.

 

Das Besucherbergwerk Kilianstollen

Gegen Ende der siebziger Jahre waren einige Bürger an den damaligen Bürgermeister Scholle mit der Bitte herangetreten, das Mundloch des Kilianstollen als Bergbaudenkmal auszugestalten. Diese Anregung wurde aufgenommen und im Jahre 1980 gestalteten Handwerker des städtischen Bauhofes das Mundloch des Kilianstollen neu. Diese Arbeiten blieben nicht ohne Auswirkung und der Bergbau wurde wieder in Erinnerung gerufen. Nach einer Befahrung mit den Mitgliedern des Kulturausschusses im Herbst 1980 wurde beschlossen, einen Teil des Betriebspunktes der Grube Oscar als Besucherbergwerk auszubauen. Am 6. Juni des Jahres 1981 begann die Beräumung der Stollen auf 250 m Länge. Sie dehnte sich im Laufe der folgenden Jahre auf alle im Mittelsohlenbereich liegenden Grubenbauten aus. Am 26. Mai 1984 konnte nach dreijähriger Bearbeitung die Grube Oscar im Kilianstollenbereich als Bergbaumuseum eröffnet werden. Nach drei weiteren Jahren folgte dann am 23.4.1987 die Grube Friederike. Ein Grubenzug verbindet heute die beiden Grubenfelder Oscar und Friederike durch einen über 1000 m langen Verbindungsstollen, der von den Bergleuten in der Zeit zwischen 1912 und 1916 geschaffen worden war. Als “Besucherbergwerk Kilianstollen“ ist heute für die Gäste eine Strecke von fast 4000 m befahrbar.

 

In diesem Bergwerk soll die tausend Jahre alte Tradition des Stadtberger Kupferbergbaus sichtbar gemacht werden. Der Marsberger Heimatbund als Betreiber der Anlage hat sich zur Aufgabe gemacht, diese alte Bergwerk als technisches Baudenkmal zu erhalten und zu pflegen.

 

Quelle: Marsberg Horhusen – Stadtgeschichte aus 11 Jahrhunderten

 

Herausgeber: Marsberger Heimatbund e.V.